Das Wappen von Pirna – oder wie der Birnbaum ins Wappenbild kommt

Nachdem die Idee zu einem Wappen-Design Projekt geboren war, führte uns unsere erste Reise in Sachen Wappenkunst in die Sächsische Schweiz, nach Bad Schandau. Das Ziel war neben der Arbeitsplanung alles, was einem Vorhaben in Sachen Heraldik und Wappenkunst Anregungen und Motive verschaffen könnte. Natürlich wollten wir uns auch als Freunde zum Klettern und Trekking treffen, um eindrucksvolle Landschaftsmotive aufzuspüren. Den Winterberg mit seiner fantastischen Aussicht über Mischwälder und die Affenfelsen, hatten wir uns am Ende dieser Arbeits-Reise dann zur Krönung erlaufen.

Fast schon auf der Heimreise, sind wir auf den Tipp einer netten Zeitungsverkäuferin hin, nach Pirna gefahren.

Was wir in der Altstadt von Pirna gefunden haben war beeindruckend. Selten hatten wir so einen schönen Stadtkern gesehen, ausgeschmückt mit Wappen in allen erdenklichen Ausführungen, die bei der Gestaltung von Ortswappen und Familienwappen inspirieren sollten. Das alte und neue Wappen von Pirna war dabei nicht nur im Altstadtkern zu finden – ein bzw. zwei Löwen, seitlich dem Stamm eines Birnbaums zugewandt.

Zur Historie der Stadt

Pirna wurde 1233 das erste Mal urkundlich erwähnt und war 1293 bis 1405 böhmisch. König Wenzel II. von Böhmen erwarb Pirna in dieser Zeit. 1466-1479 wurde der Kirchturm St. Marien errichtet und 1544 wurde die Burg, von der man eine herrliche Aussicht hat, als Landesfestung errichtet. Im 16./17. Jahrhundert entwickelte sich Pirna zur wohlhabenden Handelsstadt mit Produkten wie Salz, Getreide, Stoffe, Tonwaren, Sandstein, Pirnisch Eisen (Pirnaer Eisenwaren). Selbst Napoleon tauchte 1813 in Pirna auf und nahm Quartier. Auf der Elbe wurde 1837 die Dampfschifffahrt aufgenommen. Dies nur ein kurzer Ausschnitt aus der Geschichte von Pirna.

Nun zum  Birnbaum im Wappenbild. Auf dem Stadtwappen befindet sich in Gold auf einem grünen Dreiberg, ein grüner Birnbaum mit sieben goldenen Birnen. An dessen Stamm klettern zwei rote, einwärtsgekehrte Löwen empor. Es handelt sich hierbei eigentlich um ein Vollwappen mit einem grünen Birnbaum mit goldenen Früchten als Helmzier. Dargestellt auf einem gekröntem Helm und mit rot-goldenen Decken. Bis vor 1549 besaß Pirna ein anderes Wappen, das einen einzelnen, nach rechts gekehrten Löwen (aus Sicht des Schildträgers) am Baum zeigt.

Im ältesten Siegel von 1299 ist sogar nur der Baum zu sehen wie auch auf einem Stadtsiegel von 1335. Bei der Betrachtung des Stadtwappens erliegt man schnell der Idee, dass der Name Pirna von Birne herrührt. Wie in der Heraldik üblich versuchten auch die Pirnaer bei der Entwicklung ihres ersten Siegels eine Verbindung zum Namen der Stadt herzustellen, ein sogenanntes „redendes Wappen“ zu schaffen. Der damals verbreiteten Annahme folgend, leiteten die Bürger des 13. Jahrhunderts den Namen Pirna vom lateinischen pirus (Birne) her ab.

Das heutige Stadtwappen

Einer Überlieferung nach, stehen die einander zugewandten Löwen für Frieden in Pirna, nach einer langen Auseinandersetzung um die Rechte an dieser Stadt. So wird erzählt, dass vor vielen Jahren der Markgraf zu Meißen, Moritz, und der König zu Böhmen, Ferdinand, bitterlich um Pirna stritten. Keiner der beiden Herrscher wollte dem anderen den Vortritt lassen und so soll es vor den Augen des Volkes zu einem brutalen Kampf gekommen sein, in dessen Folge es zwar keinen Gewinner gab, aber beide erschöpft ihre Schilder gegen einen Birnbaum lehnten und pausierten. Die Schlachtschilde, verziert mit einem meißnischen, beziehungsweise böhmischen Löwen, wurden zum Symbol des Friedens.

Der Wahrheitsgehalt dieser Sage ist jedoch als gering zu bewerten. Denn weder ist es wahrscheinlich, dass sich die Herrscher zweier solch großer Gebiete, vor den Augen des Volkes einem blutigen Kampf hingaben. Auch kann man im heutigen Wappen Unterschiede zwischen den beiden Löwen erkennen welche darauf hindeuten, dass es sich um zwei verschiedene an einen Baum angelehnte Wappentiere handelt.

So hat sich für uns Wappenkundler eine „Wanderung“ in die Sächsische Schweiz, nach Bad Schandau, den Winterberg und nach Pirna gelohnt. Wir haben nicht nur eine einzigartige Landschaft an den letzten sonnigen Herbsttagen in 2014 genießen können, sondern haben auch eine Fülle an Ideen und Anregungen mitnehmen können. Die nächste heraldische Reise ist schon geplant!

© Michael Holstein, Holstein Salahor, Wappengestaltung